interview

MANITOBER stellt nachhaltige und fair produzierten Kindermode her.

Interview mit MANITOBER

Mai, 2020

Marcus aus Hamburg hat mit seiner coolen, fair produzierten Kindermode ein Statement für Nachhaltigkeit gesetzt und zeigt mit seinen qualitativ hochwertigen, robusten und durchdachten Kinderklamotten, der oft zu romantisch verklärte Fast Fashion Kidslabel Industrie die kalte Schulter. Mit seinem Label möchte er das Bewusstsein für nachhaltigen Konsum schärfen. Eltern, die auf geschlechterrollenkonforme, langweilige, Rosa-Wolke-Marken keine Lust mehr haben, sind bei MANITOBER definitiv richtig. Mit der genialen Idee des Pre-Order- und Rücknahmekonzeptes (kaufen, tragen, zurück schicken, Gutschrift erhalten) leistet MANITOBER einen erheblichen Beitrag in der Schonung von Ressourcen. Im Interview nimmt uns Marcus hinter die Kulissen seines Labels mit:

Photo: © Melina Mörsdorf

Was war der Startschuss für MANITOBER und wie begann die Reise, diese Marke zu gründen?

Das ging wohl damit los, dass ich selbst Vater wurde und mich aus professioneller Hinsicht mit der Kleidung meines Sohnes auseinander gesetzt habe. Leider habe ich immer das Verlangen, etwas selbst zu machen, wenn ich unzufrieden bin. Generell fand und finde ich, dass die Modebranche sehr unflexibel und festgefahren ist, für Kinderbekleidung ist das fast noch schlimmer, auch heute noch in 2020. Die unzureichende Nutzung von Ressourcen, Geschlechtertrennung der Kleidung, Vertrieb und noch andere Aspekte... das versuchen wir anders zu machen und dadurch einen kleinen Umbruch zu schaffen.

Wie kam es, dass Ihr Euch überhaupt dazu entschieden habt, Kinderkleidung zu entwerfen?

Irgendwie hatte ich nie eine Vision für eine Erwachsenenmarke. Da ist das Markenbild noch wichtiger als bei den Kids. Außerdem passt das Rücknahmekonzept vor allem zu Kinderbekleidung. Zwar machen wir mittlerweile auch Styles für Erwachsene, aber das soll nicht unser Kerngeschäft darstellen.

Photo: © Christine Brandl & Nina Eckes

Welche Idee und Philosophie steckt hinter der Gründung Eures Labels?

Der Name ist eine Verkettung von ‘Manitoba’, einer Provinz in Kanada und dem Wort ‘toben’. Die Idee war, Kinderbekleidung herzustellen, die ‘vernünftig’ hergestellt ist, trotzdem erschwinglich und mit dem Rücknahmekonzept außerdem den Produktlebenszyklus verlängert. Außerdem wollten wir damit eine Plattform schaffen, um unsere Werte von Gleichheit, Toleranz und einem solidarischen Miteinander zu kommunizieren.

Was waren Eure Impulse langlebige und fair produzierte Kleidung herzustellen?


Hm, ich glaube es gab keinen ursprünglichen Impuls. Je mehr man sich mit der Herstellung von Bekleidung auseinandersetzt, desto mehr bekommt man ein Verständnis dafür, was Sinn macht und was nicht. Ähnlich ist es ja eigentlich mit der Herstellung sämtlicher Produkte. Für mich kam daher nur in Frage Bekleidung selbst anzubieten, die ich auch vertreten kann.

Photo: © Melina Mörsdorf

Was macht MANITOBER so einzigartig und was möchtet Ihr mit Eurem Label verändern?

Ich weiß gar nicht, ob wir uns unbedingt als so einzigartig bezeichnen würden. Im Gegenteil wäre es ja eher unser Wunsch viele würden so denken wie wir. Konsum nachhaltig und zukunftsorientiert gestalten, sodass Ressourcen nachhaltig genutzt werden können. Außerdem bieten wir Kleidung für Kinder an, die ihnen die Möglichkeit geben soll sich frei zu entfalten – sei es durch Genderneutralität oder aber auch durch die Tatsache, dass wir Kleidung herstellen, die Kindern Bewegungsfreiheit und Funktionalität bietet und sie nicht einschränkt.

Wie setzt Ihr Euch konkret für eine nachhaltigere Produktion ein?

Derzeit testen wir die Option, dass Kunden unsere Artikel der nächsten Kollektion vorbestellen können. Dadurch haben wir die Möglichkeit besser zu kalkulieren, wie hoch der Bedarf an bestimmten Artikeln ist. Außerdem können wir so bestmöglich Überproduktion vermeiden und sparen Ressourcen ein. Gerade als noch wachsendes Unternehmen ist es schwer einzuschätzen wie hoch die Nachfrage bei einer kommenden Kollektion sein wird.
Wir hoffen dass die Vorbestell-Option (bisher sind wir erstmal mit unseren Bestsellern an den Start gegangen) hierbei für etwas mehr Planungssicherheit sorgen kann. Außerdem soll so natürlich auch vermieden werden, dass unsere beliebtesten Artikel zu schnell ausverkauft sind und zu viele mit leeren Händen ausgehen – das wollen wir natürlich auch nicht.

Photo: © Christine Brandl

Wie entsteht die Entwicklung neuer Artikel?

Wir arbeiten in Kollektionen. Dazu machen wir einen groben Plan, suchen Ideen, analysieren Vorangegangenes. Dann wird angefangen mit dem Design und dabei hat man meistens schon eine Vorstellung des Materials. Ich interessiere mich insbesondere für alternative Lösungen und bin auch ganz gut vernetzt um immer neue Sachen zu entdecken. So arbeitet man die Artikel weiter aus, bespricht sie mit der Fabrik, macht Prototypen und Muster bis man zufrieden ist...

Worauf achtet Ihr, um Euch von anderen Herstellern abzuheben?

Uns ist sehr wichtig einen genauen Überblick zu unserer Lieferkette zu haben. Dabei geht es uns nicht unbedingt um Zertifikate oder Auszeichnungen sondern um ein gutes Verhältnis zueinander und Qualität, von der man sich überzeugen kann. Unseren Hersteller aus Portugal zum Beispiel kennen wir sehr gut und besuchen wir regelmäßig. Mit denen habe ich bereits vor Manitober zusammengearbeitet und sie haben mein tiefstes Vertrauen. Wir sind ein kleines Unternehmen, dass auf persönliche Erfahrung und ein Miteinander baut. Das ist uns am wichtigsten.

Photo: © Saskia Allers

Wie würdet Ihr Euren Stil & das Design Eurer Mode beschreiben?

Ursprünglich kommen wir aus dem Streetwear-Bereich. Ich bin in den 90ern aufgewachsen, in Zeiten von Skateboards, Michael Jordan und Love Parade. Ich könnte jetzt sagen, das liegt alles hinter uns, aber eigentlich war es sehr prägend und ich mags einfach bunt!

Welche Materialien verwendet Ihr? #whatsinmyclothes

Wir versuchen immer einen Schritt voraus zu denken. Wie wir schon in unserem Nachhaltigkeits-Statement sagen: “Die Verwendung von Bio-Baumwolle macht keinen Sinn, solange alle anderen Business-Aspekte unverändert bleiben” Klar, wir verwenden Bio-Baumwolle, aber vor allem versuchen wir Materialien zu finden, die von ihren Energiebilanzen und ihrem Impact auf die Umwelt am sinnvollsten für das jeweilige Einsatzgebiet sind. Z.B. sind unsere Stricksachen aus recycelter Wolle hergestellt. Wir benutzen von anderen Produktionen übrig gebliebene Stoffe und unsere Walkprodukte sind aus GOTS-zertifizierter Wolle – das gab es bisher tatsächlich noch nicht.

Welche Menschen arbeiten jeden Tag mit viel Leidenschaft an Eurer Vision und wer stellt die Kleidung her? #whomademyclothes


Wir arbeiten mit einer ganzen Menge an Menschen zusammen, sei es vor Ort oder in den Produktionsstätten in Portugal. Das sind natürlich verschiedenste Charaktere, aber ich würde sagen, dass die meisten davon unsere Vision verstehen und auch teilen. Nur so ist es möglich als kleines Unternehmen eben das zu tun, was wir tun. Ich glaube, dass es auch für die Menschen, die in der Kette die eigentliche, handwerkliche Arbeit übernehmen, nicht unerheblich ist, was sie da tun. Dadurch entsteht eine ordentliche und angenehme Arbeitsumgebung. Für Lieferanten, Agentur und Materialhersteller ist die Zusammenarbeit dabei genauso hilfreich, da sie natürlich auch lernen, wie wir Sachen angehen und welche Aspekte uns und anderen, nachhaltig agierenden Unternehmen wichtig ist.

Photo: © Melina Mörsdorf

Was ist Euch wichtig bei der Herstellung und nutzt Ihr lokale oder regionale Ressourcen?

Wir achten sowohl auf soziale, als auch auf ökologisch verträgliche Herstellung der Produkte. Damit ist nicht nur das Material oder nicht nur die Näherei gemeint, sondern tatsächlich alle Aspekte der Lieferkette. Vom Materialanbau/-Gewinnung bis zum Paketboten und allen zwischendrin. Auch wenn wir (noch) nicht auf alles genügend Einfluss haben versuchen wir die unterschiedlichen Stationen trotzdem kritisch zu betrachten und auch uns selbst zu sagen: Da können wir in Zukunft noch mehr machen. Wir agieren nicht überwiegend lokal oder regional muss ich zugeben. Das ist aber auch einfach den Produkten geschuldet. Baumwolle wächst nunmal nicht in Norddeutschland, nicht einmal in Portugal. Wir versuchen immer bei bestimmten Aspekten eine lokale Einbindung zu ermöglichen, aber das ist in dieser globalen Industrie schwierig, vor allem bei größeren Stückzahlen. Wir haben aber auch für die Bekleidung in Zukunft Ideen und Pläne für perspektivisch regionales Zusammenarbeiten. Wie sieht bei Euch Logistik, Versand & Vertrieb aus?

Wir arbeiten mit einem Dienstleister zusammen. Der befindet sich ca. 1h östlich von Hamburg. Dort lagern unsere Produkte. Alle Bestellungen werden dorthin übermitteln und automatisch verarbeitet, verpackt und verschickt. Eigentlich relativ unspektakulär, aber wir haben auch einige besondere Ansprüche: Wir verwenden z.B. keine Plastiktüten, unsere Lieferkette ist sogar komplett plastikfrei. Wir arbeiten gerade daran OriginalRePack einzuführen, das würde unseren Versand noch weiter optimieren.

Photo: © Melina Mörsdorf

Mit welchen Hindernissen habt Ihr zu kämpfen?

Wir stoßen immer schnell an Grenzen, vor allem wenn es um Sachen geht, die für uns als kleines Unternehmen noch einen großen Aufwand bedeuten. Sei es Materialeinkauf, Kartonagen-Mengen oder ganz simpel die Kosten für bestimmte Tools unserer Webseite. Man muss ständig justieren und den Nutzen genau analysieren. Das erfordert viel Zeit und führt manchmal leider zu wenig... Wir hatten in letzter Zeit auch immer mal wieder Probleme mit verspäteten Lieferungen, da wir auch einfach noch keine ausreichende Bedeutung für manche Partner zu haben scheinen. Da wir nicht wirklich am klassischen Kollektionsrhythmus teilnehmen und nur wenig Händler haben, ist es für uns außerdem immer schwer abzuschätzen welche Mengen wir eigentlich verkaufen können. So passiert es natürlich schnell, dass bestimmte Produkte sehr schnell ausverkauft sind, während andere noch ein Jahr auf Lager liegen – noch ein Grund weshalb wir hoffen, dass Vorbestellungen Anklang finden und es uns damit etwas erleichtert wird Bestellmengen besser abschätzen zu können. Hauptproblem ist, und das ist zudem auch mein Lieblingsthema (nicht!), natürlich die Finanzierung. Wir wachsen gerade sehr stark und da ist es umso schwieriger abzuschätzen, wann wir wie viel Umsatz machen können und welche Produkte wir verkaufen und wer das eigentlich alles wann bezahlen soll. Das ist natürlich nicht unser spezielles Problem, aber ich kann auch nicht sagen, dass es für ein Unternehmen mit einer neuen Idee einfach wäre Banken dafür zu begeistern und ihre Risiken zu ignorieren...

Photo: © Melina Mörsdorf

Wo soll die Reise mit MANITOBER hingehen?

Ganz klar: Weltherrschaft ;) Nein, das steht natürlich alles noch ein wenig in den Sternen. In erster Linie ist unser Wunsch, dass unser Konzept Anklang findet und wir wie schon gesagt, viele Mitstreiter finden in der Mission Kinder nachhaltig einzukleiden, die sich frei und unvoreingenommen entfalten dürfen. Was danach kommt ist noch unklar und hängt natürlich auch davon ab, wie sich der Markt entwickelt. Wir sind hoffnungsvoll! :)

Vielen lieben Dank für das spannende und aufschlussreiche Interview. Wer jetzt neugierig geworden ist und die bunten, unisex Knallerstücke näher kennenlernen mag, dem lege ich den Online-Shop von MANITOBER wärmstens ans Herz!