interview

HANOJ stellt nachhaltige und fair produzierten Kindermode in Wien her.

Interview mit HANOJ

Mai, 2020

Am Anfang ist HANOJ vor allem eines: minimalistische, biologische und fair produzierte unisex-Kindermode aus Wien. Gleich danach steht das Vorhaben, ein bewusstes Zeichen gegen stereotype Geschlechterrollen und die teilweise unethischen Produktionsbedingungen in der Textilindustrie zu setzen. Deshalb sind alle Teile der HANOJ Kindermode-Kollektionen unisex, also geschlechtsneutral, entworfen und werden Stück für Stück in der integrativen Werkstätte TEMA in Wien angefertigt. Svea Handle ist Gründerin von HANOJ und mit der Geburt ihres Sohnes Jonah im Winter 2016 kam auch die Inspiration, ihre eigene Idee eines nachhaltigen Kindermode-Labels mit der Welt zu teilen. Der Name und die Marke HANOJ ist daher nicht nur (vice versa gelesen) eine buchstäbliche Widmung an Jonah, sondern zugleich ein Herzensprojekt, welches seine ästhetische Form durch minimalistische Schnitte gewinnt.

Photo: HANOJ

Was war der Startschuss für HANOJ und wie begann die Reise, diese Marke zu gründen?

Als mein Sohn 1 ½ wurde, merkte ich, dass ich gerne eine neue Herausforderung wagen möchte. Es schwirrte schon länger in meinem Kopf herum ein eigenes Label zu gründen, jedoch fehlte mir immer der Mut dazu. Doch durch meinen Sohn wagte ich den Schritt und gründete mein eigenes Kinderlabel. HANOJ ist (vice versa gelesen) eine buchstäbliche Widmung an meinen Sohn Jonah. Erst durch ihn wurde alles möglich.

Photo: HANOJ

Wie kam es, dass Du Dich überhaupt dazu entschieden hast, Mode für Kinder zu entwerfen?

Das ganze Abenteuer startete in meiner Karenzzeit in unserer Wohnung, damals noch in einer Wohngemeinschaft. Ich arbeitete in unserer Küche, dem Wohnzimmer, dem Schlafzimmer…dort wo ich gerade Platz hatte und meistens während mein Sohn schlief. Motiviert hat mich auf jeden Fall mein Sohn. Trotz Schlafmangel hatte ich durch Jonah mehr Energie bekommen und auch Motivation was Eigenes zu entwickeln. Ganz wichtig war und ist mir ein authentisches Produkt zu kreieren. Ich möchte, dass von Anfang bis Ende alles passt und dass man mit gutem Gewissen die HANOJ-Teile kaufen kann. Nur das Beste für die Allerkleinsten.

Photo: HANOJ

Welche Idee und Philosophie steckt hinter der Gründung Deines Labels?

Ich habe mir zum Ziel gesetzt, ein bewusstes Zeichen gegen stereotype Geschlechterrollen und die teilweise unethischen Produktionsbedingungen in der Textilindustrie zu setzen. Und diese Vorsätze werden während aller Verarbeitungsschritte beachtet und umgesetzt: Zuerst bin ich der Meinung, dass die noch immer viel zu präsente, rosa-blaue Geschlechtertrennung in den Kinderabteilungen längst ausgedient hat. Deshalb sind alle Teile unisex, also geschlechtsneutral, entworfen. Danach werden alle HANOJ Produkte Stück für Stück, von Hand und mitten im Zentrum von Wien angefertigt. Die oft undurchsichtige Barriere zwischen Produktionsstätte und Endverbraucher wird aufgelöst, indem jeder Lieferung eine Notiz mit der persönlichen Unterschrift jener Person beigelegt wird, welche sich für die Produktion des bestellten Artikels verantwortlich zeichnet. Das letzte Glied der ethischen Produktionskette besteht aus dem Ziel, Massenproduktion und Textilmüll zu vermeiden. Deshalb werden viele Teile erst auf Nachfrage/Bestellung produziert.

Photo: HANOJ

Was macht Deine Kindermode so einzigartig und was möchtest Du mit Deinem Label verändern?

Ich möchte zeigen, dass Kleidung kein Wegwerfprodukt ist und dass hinter jedem Kleidungsstück jemand an der Nähmaschine sitzt. Die Frage ist nur unter welchen Bedingungen das stattfindet und wie die Arbeit wertgeschätzt wird.

Wie entsteht die Entwicklung neuer Artikel?

Meistens schwirren meine Ideen schon länger in meinem Kopf herum und ich weiß wie ein neues Design aussehen soll. Oft inspiriert mich auch ein Stück Stoff oder alte Kleidungstücke aus meiner Kindheit, die meine Mama die ganze Zeit gehütet hat und selbst meine Kinder noch anziehen können. Nach dem Probenähen werden die Teile von meinen Kindern auf Herz und Nieren getestet und dann geht es ab in die Produktion.

Worauf achtest Du, um Dich von anderen Modeherstellern abzuheben?

Gerade über Instagram sieht man so viele tolle Sachen, daher vergleicht und hinterfragt man ständig das eigene Schaffen. Wer hat schon eine neue Kollektion gelauncht?- welche Stoffe?- wieviel Teile?- welcher Preis? usw… Das Wichtigste für mich ist mir treu zu bleiben und das zu machen, was mir gefällt. Dadurch habe ich für mich sehr viel Druck heraus genommen.

Photo: HANOJ

Wie würdest Du Deinen Stil & das Design Deiner Kleider beschreiben?  

Minimalistisch, klare Linien und für jeden Anlass etwas dabei. Die Kleidungstücke sind langlebig und passen auch über mehrere Größen. Das Design ist sehr reduziert, dadurch ist es zeitlos und kann somit von mehreren Kindern weiter getragen werden.

Welche Stoffe verwendest Du? #whatsinmyclothes

Hauptsächlich verwende ich BIO Stoffe (Gots oder Öko tex zertifiziert), manchmal sind auch Stoffe aus Restbeständen von Firmen dabei. Sehr wichtig ist mir auch, nur Naturmaterialien zu verwenden, wie zum Beispiel Baumwolle oder Leinen.

Photo: HANOJ

Welche Menschen arbeiten jeden Tag mit viel Leidenschaft an Deiner Vision und wer stellt die Kleider her? Wie sieht bei Dir Logistik, Versand & Vertrieb aus? #whomademyclothes

Hanoj ist eine ONE-WOMAN- Show. Das heißt ich entwickle die Schnitte, suche die passenden Stoffe aus, versende die Pakete, organisiere den Onlineshop, gestalte mein Instagram-Feed und erledige die super spannende Buchhaltung. Natürlich habe ich auch Freunde, die mich tatkräftig unterstützen, wie zum Beispiel die Texte für meine Homepage oder auch teilweise die Fotos für den Onlineshop. Meine Schwester wirft meist auch einen Blick auf meine neuen Designs und berät mich.

Was ist Dir wichtig bei der Herstellung und nutzt Du lokale oder regionale Ressourcen?  

Die gesamte Produktion der HANOJ Kollektion wird der integrativen Werkstätte TEMA, mit Sitz in Wien, übergeben. In der Textilmanufaktur werden Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung in alle Herstellungs- und Verarbeitungsschritte miteingebunden. Ich selbst habe vor der Geburt meines Sohnes als Betreuerin und Schneidermeisterin im Betrieb mitgearbeitet und daher weiß ich, wo die Stärken der einzelnen Mitarbeiter/innen liegen. Im Moment sind es rund 20 Menschen, die an der Entstehung von verschiedensten, hochwertigen Marken und Produktionen mit- und nebeneinander arbeiten.

Photo: HANOJ

Mit welchen Hindernissen hast Du als Startup zu kämpfen?

Als Jungunternehmerin habe ich fest gestellt, dass es sehr wichtig ist immer am Ball zu bleiben. Man muss immer sehr präsent sein, damit man nicht von der Bildfläche verschwindet, da es sehr viel Angebot im Bereich Kinderkleidung gibt. Auch ein immer wieder kehrender Punkt ist das Budget. Gerade als Fair-und Slowfashion Unternehmen hat man höhere Ausgaben und vor allem bei Kinderkleidung, die nur eine bestimmte Zeit passt, schreckt oft viele der Preis ab. Schwierig ist auch der Spagat zwischen ICHsein, MAMAsein und HANOJ. Nach außen mag es einfach und geordnet erscheinen - das Leben als Mama und Unternehmerin, aber es läuft sehr oft chaotisch ab und oft wird man dem Ganzen nicht gerecht oder ist hin und her gerissen zwischen Mama-Sein und dem, dass man seinen Job gut erledigt. Aber am Ende des Tages läuft es dann doch immer irgendwie und wenn jeder glücklich ist und was Schönes dabei raus kommt - ist das die Hauptsache.

Photo: HANOJ

Wo soll die Reise mit HANOJ hingehen?

Puh... gute Frage. Im Moment bin ich sehr hin und hergerissen. Leider habe ich nach 3 Jahren nicht mein angestrebtes Ziel erreicht. Oft bin ich sehr gestresst und unter Druck, wenn ich meine eigene Timeline nicht einhalten kann. Da wir im Moment sehr viel zu Hause sind – Corontäne - und ich nicht viel Zeit in HANOJ stecke, merke ich, dass ich entspannter bin. Ich liebe Kleidungstücke zu entwickeln, doch das Drumherum stresst mich oft mehr, als dass es mir Freude bereitet. Oft würde ich mir eine Person wünschen, die alles andere organisiert und ich mich nur auf das Designen konzentrieren kann. Also es bleibt noch spannend wie es mit HANOJ weiter geht. Noch kann ich nicht Abschied nehmen und ich hätte schon wieder zig Ideen für eine neue Kollektion :-)

Vielen lieben Dank für das super spannende Interview! Wer jetzt neugierig geworden ist und die wundervolle, stilvolle Kollektion näher kennenlernen mag, dem lege ich den Online-Shop von HANOJ wärmstens ans Herz.