interview

ForSchur stellt nachhaltige und fair produzierten Kindermode in Berlin her.

Interview mit ForSchur

Mai, 2020

ForSchur steht für nachhaltige, fair produzierte Mode - Upcycling at its best made in Berlin! Nina und Tabea sind die Gründerinnen hinter diesem wundervollen Label. Aus aussortierten Wollpullis entstehen in ihrer Berliner Manufaktur Unikate für Kinder und Erwachsene. Das wertvolle Ausgangsmaterial, Stoffe aus 100% Schur- oder Kaschmirwolle in Form von ausrangierten Pullovern, wird von ihnen zu hochwertigen neuen Kleidungsstücken verarbeitet. Nina und Tabea's Kollektion erfüllt alle Kriterien, die an moderne Kleidung gestellt werden: Schöne Schnitte, hoher Tragekomfort, hochwertige Materialien und eine faire und nachhaltige Produktion. Von kuschelig weichen Handschuhen bis zu winterwarmen Abenteuerjacken - Forschur brint uns und die Kleinsten wohlig gut eingepackt durch die graukalte Jaheszeit. Im Interview erzählen die beiden wie sie ForSchur gegründet haben und wie sie damit ein Statement gegen die Fast-Fashion-Industrie setzen wollen:

Was war der Startschuss für ForSchur und wie begann die Reise, dieses Label zu gründen?

Tabea und ich lernten uns bei der Arbeit kennen, ein Studentenjob neben der Uni. Dort merkten wir schnell, dass wir ein super Team sind. Wir haben ähnliche Grundsätze und Werte und ergänzen uns in unseren Fähigkeiten. Nach der Elternzeit mussten bzw. wollten wir uns beide beruflich neu orientieren und das gemeinsame Hobby nähen brachte uns zur Geschäftsidee.

Wie kam es, dass Ihr Euch überhaupt dazu entschieden habt, aus aussortierten Wollpullovern hochwertige neue Kleidung zu entwerfen?

Tabea und ich nähten privat für unsere eigenen Kinder. Aus Liebe zur Wolle und Ermangelung an Wollstoffen als Meterware kamen wir zum Upcycling. Mitten drin stellten wir fest, dass das Konzept gerade bei Babykleidung, bei der nicht viel Stoff benötigt wird, total Sinn macht. Wollstoffe sind in der Regel sehr hochwertig. Die Farben waschen nicht aus und bei richtiger Pflege sieht man Ihnen das Alter nicht an. Wir wurden beide sehr oft auf unsere genähte Kleidung angesprochen, so dass wir beschlossen, daraus ein Geschäftsmodell zu basteln.

Was waren Eure Impulse langlebige und fair produzierte Kleidung herzustellen?

Für unsere eigenen Kinder kauften wir von Anfang an sehr viel Second Hand bzw. nachhaltige Wollkleidung. Der Vorteil von beidem: Es ist preiswerter als neue Kleidung, Schadstoffe sind in der Regel rausgewaschen und es spart Ressourcen. Massig neue Kleidung für Kinder zu kaufen, die nach wenigen Wochen zu klein ist und aussortiert werden muss, machte in unseren Augen überhaupt keinen Sinn. Mit unseren Produkten vereinen wir fast alle Vorteile: Ressourcen werden geschont, eventuell vorhandene Schadstoffe sind rausgeschwaschen und die Schnitte sind so konzipiert, dass sie über mindestens 4 Größen passen. Wolle muss außerdem nur selten gewaschen werden. Dadurch können unsere Hosen z.B. sehr oft und über einen sehr langen Zeitraum getragen werden. Den höheren Anschaffungspreis hat man so schnell wieder drin. Als wir unser Konzept entwickelt haben, beschäftigten wir uns außerdem intensiv mit der textilen Kreislaufwirtschaft. In Deutschland gibt es eine unvorstellbar große Menge an Altkleidern. Auch Wollpullover sind reichlich vorhanden. Warum also auf neu produziertes zurück greifen, wenn das Material bereits vorhanden ist und für Kinderkleidung gut funktioniert?

Was macht ForSchur so einzigartig und was möchtet Ihr mit Eurem Label verändern?

Auch wenn wir am Anfang selbst nähten, wollten wir langfristig mit ForSchur größer werden und ein richtiges Unternehmen aufbauen. Im letzten Jahr hat unser Nähteam knapp 3 Tonnen aussortierte Pullover verarbeitet. Material, dass sonst höchst wahrscheinlich nach Afrika verschifft worden wäre und dort den lokalen Textilmarkt zerstört. Wir verabreiten nach 3 Jahren ForSchur bereits beachtiliche Mengen, Tendenz steigend. Unser Ziel ist es, den Textilkreislauf durch unsere Arbeit zu entlasten, aber auch darüber aufzuklären, dass Kleidung keine Ressource ist, die blind konsumiert werden kann. Jedes Teil hat einen langen Weg, bis es im Kleiderschrank landet.

Wie entsteht die Entwicklung neuer Artikel?

Eigentlich immer aus eigenem Eigenbarf heraus, kombiniert mit dem, was uns als Ressource zur Verfügung steht. Einer von uns hat eine Idee, Tabea überlegt sich ein passendes Design dazu und dann probieren wir so lange rum, bis es passt und bereit für die Serienproduktion ist. Usability steht dabei im Vordergrund. Wir sind beide sehr praktisch veranlagt und haben den Anspruch, dass jedes Kleidungsstück einfach an- und auszuziehen ist, praktisch im Alltag ist und auch von Kindern gern getragen wird. Nachhaltigkeit soll kein Kompromiss sein, sondern eine wirkliche Alternative zu Fast Fashion.

Worauf achtet Ihr, um Euch von anderen Herstellern abzuheben?

Unser Stil zieht sich durch all unsere Produkte. Alles kann mit allem harmonisch kombiniert werden. Unser Markenzeichen ist die große, spezielle ForSchur-Falte, die in vielen Produkten eingearbeitet ist. Das ForSchur-Design ist recht klar und simpel, hat aber dennoch einen hohen Wiedererkennungswert und setzt sich deutlich von den eher klassischen Wollkleidungsstücken anderer Hersteller ab. Unsere Produkte sehen aus wie aus Meterware. Nichts ist beliebig und wer es nicht weiß, würde niemals denken, dass unsere Stoffe recycelt sind. Es gibt keinen anderen Hersteller, der auf diese Art und Weise produziert, das macht ForScur absolut einzigartig.

Welche Materialien verwendet Ihr? #whatsinmyclothes

Ausschließlich recyclete Wolle und recyceltes Kaschmir, keine neuen Stoffe und keine Baumwolle oder synthetisches Material.

Welche Menschen arbeiten jeden Tag mit viel Leidenschaft an Eurer Vision und wer stellt die Kleidung her? #whomademyclothes

Wir haben eine eigene, kleine Näherei in Berlin Prenzlauer Berg aufgebaut. Für uns arbeiten aktuell 4 festangestellte Näherinnen. Durch unser Schaufenster, das sogenannte Produktionskino, kann man uns von der Kollwitzstraße aus bei der Arbeit über die Schulter schauen und live dabei sein, wenn wir aus alten Wollpullovern neue Kinderkleidung zaubern.

Was ist Euch wichtig bei der Herstellung und nutzt Ihr lokale oder regionale Ressourcen?

An oberster Stelle steht für uns das Wohl unseres Teams. Wir arbeiten alle sehr familiär zusammen. Fast alle Mitarbeiterinnen sind Mütter, dem entsprechend haben wir die Arbeitszeiten gestaltet. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Herkunft unserer Ressourcen: Unsere "Stoffe", die aussortierten Wollpullover kommen aus einer Sortieranlage in Deutschland. Wir stehen in engem Kontakt zu der Firma und wissen, dass auch diese Mitarbeiter fair bezahlt und behandelt werden. Außerdem ist der Transportweg kurz.

Wie sehen bei Euch Logistik, Versand & Vertrieb aus?

Wir machen alles selbst. Wir haben uns alles, was wir wissen müssen, selbst angeeignet und unsere Mitarbeiter im Kundenservice-Team entsprechend ausgebildet. Gegen Ende der Woche werden die fertigen Produkte fotografiert und online gestellt. Die Bestellungen werden täglich versendet. Kritik von Kunden kann sehr kurzfristig angenommen und umgesetzt werden. Wir schreiben den Produktionsplan wöchentlich neu in Anlehnung an aktuelle Nachfragen. Nur so können wir effektiv arbeiten und verhindern, Kleidung zu produzieren, die niemand will oder braucht.

Mit welchen Hindernissen habt Ihr zu kämpfen?

Am Anfang war es ganz klar die Materialquelle. Wir wussten, dass Pullover Tonnenweise übrig sind, fanden jedoch lange niemanden, der dieses spezielle Material, 100% Wolle oder Kaschmir, für uns aussortiert. In Textilsortieranlagen wird nur nach Herren-/Damenstrick sortiert, das sind dann auch Baumwollpullis oder Blends (Mischungen). Unsere Wollpullis zu sortieren ist sehr aufwendig. Die Mitarbeiter*innen müssen dazu in jeden Pulli aufs Wäscheschild sehen. Außerdem ist der Zuschnitt sehr knifflig. Jeder Stoff ist anders dehnbar, weshalb wir z.B. für die Hosenbündchen kein festes Maß haben sondern ein Gefühl. Dieses Gefühl anderen Mitarbeitern beizubringen, war eine Herausforderung. Da jeder Pulli anders beschaffen ist, können wir nicht in Lagen zuschneiden sondern müssen individuell schauen, welche Größe wie zugeschnitten werden kann. Oft müssen wir ewig hin- und her puzzeln, bis es passt.

Wo soll die Reise mit ForSchur hingehen?

Das wird sich zeigen. Aktuell sind wir auf einem sehr guten Weg und können langsam und organisch wachsen. Mit jedem/r neuen Mitarbeiter/in wächst unsere Verantwortung. Das nehmen wir sehr ernst. Wir schätzen es sehr, dass unser Team den Großteil der operativen Arbeit stemmt (Produktion, Onlineshoppflege, Kundenservice und Versand). So können Tabea und ich uns auf neue Produkte und Ideen stürzen und ForSchur weiter entwickeln. Wo genau wir landen, ist schwer zu sagen. Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass auch die nächsten Jahre großartig werden!

Vielen lieben Dank für das sehr interessante Interview. Wer jetzt neugierig geworden ist und die bequeme, unisex Kollektion von ForSchur näher kennenlernen mag, dem lege ich den Online-Shop wärmstens ans Herz. Wenn Ihr in Berlin seid, dann besucht Sie doch gerne in Ihrem eigenen Laden/Showroom und Seid live dabei, wenn aus aussortierten Pullovern neue Kleidung aus 100% Wolle oder Kaschmir entsteht.